Nachdem die Saison 2020 wegen des von uns allen inzwischen so lieb gewonnenen Corona Virus erst im Juni startete und Anfang Oktober bereits wieder vorbei war und für Sioned im wesentlichen aus dem teils wochenlangen liegen an einem Ankerplatz bestand, ging es im August nach 10 Monaten Liegezeit auf Kreta endlich mal wieder los.
Ich war zwar bereits seit Mitte Juli wieder auf Kreta, aber aufgrund anhaltendem Meltemi war an ein Lossegeln nicht zu denken. Die seit 40 Jahren heftigste Hitzewelle in Griechenland ließ einen ohnehin jede überflüssige Bewegung vermeiden. Um 8 Uhr morgens vor dem Strand entlang zu schwimmen, wenn noch keine Touristen da waren, war da noch die beste Zeit des Tages. Unter Deck stiegen die Temperaturen im Laufe des Tages dann auf bis zu 43 Grad, so dass mein iPhone das Laden verweigerte und mein MacBook lange Abkühlpausen benötigte, damit man noch damit arbeiten konnte. Schöne Grüße vom Klimawandel.
Vielleicht wird es Zeit, über die Anschaffung von MIL-SPEC Geräten nachzudenken (im Volksmund Outddoorhandys genannt), die auch noch in diesem Temperaturbereich arbeiten.
Mitte August hatte der Meltemi dann ein Erbarmen und legte eine kurze Pause ein. Nach einem Zwischenstop vor Plaka in der Einfahrt zur Spinalonga Lagune, gegenüber der einstigen Leprainsel
ging es zur unchristlichen Zeit von 3 Uhr 30 morgens schon wieder Anker auf und in dunkler Nacht auf Kurs Astypaleia. Nach dem passieren der letzten Landecke von Kreta setzte sich ein stabiler Westwind um die 16 Knoten durch und mit guter Fahrt ging es in den Sonnenaufgang hinein. Der Wind hielt bis kurz vor der knapp 90 sm entfernten Insel an und ich konnte wie geplant noch bei Tageslicht in die Bucht von Maltezana einlaufen. Dort gibt es ein paar Mooringbojen, von denen die einzige unbelegte sich als sehr widerspenstig erwieß.
In ca. zehn Versuchen gelang es mir die Boje dreimal aufzunehmen, musste sie aber jedesmal wieder loslassen bevor ich die daran befestigte Mooringleine auf eine Klampe legen konnte. Zwar waren es nur ca. 10 kn Wind, aber das reichte schon, dass ich alleine ohne zweite Person an Deck zu langsam war und Sioned immer wieder achteraus trieb. Schließlich half mir der Eigner einer dänischen Yacht an der Nachbarboje mit seinem Dinghy.
Beim nächsten mal nehme ich meinen alten schwedischen Bojenhaken zur Hilfe, an den ich eine schon belegte Vorleine knoten werde. Damit kann ich die kurze Zeit nutzen, um den Haken einfach ins Auge der Mooringleine zu hängen und bin dann fest und kann das Feintuning in Ruhe erledigen.
Da der Meltemi schon wieder seine Pause beendet hatte, blieb ich ein paar Tage auf Astypaleia, wo man so das eine oder andere schattige Plätzchen finden kann.
Ich nutze die Zeit um in meiner Logbuch App Skippers Log einen CPA Alarm für AIS einzubauen.
Am letzten Tag ankert ein Grieche sehr nahe bei mir. Ich frage ihn, ob ihm bewusst sei, dass ich an einer Mooring liege und daher einen anderen Swojkreis habe als er. Anstatt zu verlegen geht er tauchen und holt eine weitere Mooring vom Boden hervor, an der er fest macht. Immer noch zu nahe für mein Wohlbefinden, aber zumindest haben wir nun vergleichbare Swojkreise. Eigentlich sollte ich nun selbst verlegen, aber der Ankergrund ist hier sehr verkrautet und die Faulheit siegt mal wieder. Dafür darf ich dann am nächsten morgen beim Frühstück, während die beiden männlichen Segler gerade ihren Hund im Dinghy ans Land Gassi fahren und Frauchen im Cockpit ungerührt zuschaut mit einem kräftigen Motorschub (immer noch an der Mooring liegend) eine Kollision vermeiden. Dem Griechen ist es egal.
Mit Nachlassen und leichter Drehung des Windes ging es dann nach Lakki zum verproviantieren, da die Auswahl in den beiden Minimärkten auf Astypaleia doch recht begrenzt ist. Das ist in Lakki nicht so. Gibt es nicht nur mehrere Supermärkte, Bäcker und Metzger sondern auch einen Schiffsausrüster und einen großen Baumarkt.
Dort kann ich auch ausstehende Klempnerarbeiten erledigen und einen Waschbeckenabfluss reparieren, damit ich beim Hände waschen nicht länger auch gleichzeitig die Füße waschen muss.
Da die nächsten Tage Flaute aus Süd vorherrscht und ein unangenehmer Schwell in die nach SW offene Bucht läuft, verhole ich mich auf die Nordseite von Leros in die Ormos Plakoudi, wo man bei Süd sehr ruhig liegt. Zwei Tage später dreht der Wind bereits wieder und ich fahre die 2-3 Meilen zurück nach Archangelos, einer kleinen Insel, die von Leros durch einen schmalen Kanal getrennt ist.
Die Bucht auf Archangelos ist eine "Drehwindbucht". Insbesondere am Morgen zeigen die Schiffe in jede beliebige Richtung und zwei Ankerlieger können sich auch schon mal Bug gegen Bug liegen. Wenn man das weiß und beim Swojkreis berücksichtigt ist alles ok, zumindest bis ein Unwissender seinen Anker in den eigenen Kreis legt. Diesmal geht aber alles gut.
Der Meltemi hat sich wieder in voller Pracht angekündigt und droht mit Böen bis zu 40 kn. Dafür ist mir die Drehwind Bucht zu unsicher und ich fahre zurück nach Lakki. Der Ankergrund vor Lakki ist allerdings auch nicht unproblematisch und ich schaffe es in drei Versuchen nicht, dass der Anker beim Einfahren über 2000 Umdrehungen hält. Bis 2000 ist alles ok, aber darüber bricht er in dem weichen Schlick aus. Und da es hier vermutlich recht voll werden wird und ich an gleicher Stelle schon einmal von einem driftenden Kat gerammt wurde, drehe ich wieder um und ankere auf Sandgrund auf halber Strecke die Bucht hinaus. Leider lässt der hier stehende Schwell die Nacht recht unruhig werden.
Also in den sauren Apfel gebissen und die ganze Höhe wieder verschenkt und am nächsten Tag zurück Kos in die Ormos Kamari am Westende der Insel. Der Sandgrund dort hält wie Zement und Schwell gibt es bei NW-N dort auch nicht. Und meinen Gast, der in ein paar Tagen an Bord kommt, freut es, muss sie doch nicht mit der Fähre nach Leros weiterfahren.
Der Wind wird nicht ganz so stark wie erwartet, trotzdem bin ich froh, hier zu sein. Die Bucht hat sich bereits in der Vergangenheit bei ähnlichen Windprognosen sehr gut bewährt. Es gibt eine Reihe von kleineren Supermärkten entlang der ansonsten von Tavernen gesäumten Uferpromenade, so dass auch die Versorgung gesichert ist und ich mein Brot nicht wieder selbst backen muss:
Als der Wind endlich nachlässt tuckere ich die 8 sm oder so nach Kardamaina und finde in dem sehr touristischen Ort einen Platz an der Pier, damit mein Gast ohne Dinghyfahrt an Bord kommen kann. Die Gerüchte dass ich nur wegen des besten Erdbeereisbechers von Griechenland hier angelegt habe entbehren natürlich jeder Grundlage.
Die Tage bis zur Ankunft meines Gastes E. verbringe ich mit Klempnerarbeiten, Wäsche waschen und Tavernen ausprobieren. Schon wieder Klempnerarbeiten ? Das Ablassventil des vorderen Fäkalientanks lässt sich nicht mehr öffnen und sämtliche Versuche führen nur zur seiner endgültigen Zerstörung. Ich habe zwar ein Ersatzventil, aber dieses zu wechseln während Sioned im Wasser ist, erscheint mir zu riskant, auch wenn der Borddurchbruch über der Wasserlinie liegt. Also bereite ich einen Bypass zum einen halben Meter daneben liegenden Seeventil fürs Waschbecken vor, zu dem mir E. die noch fehlenden Teile mitbringen will.
Am Freitag kommt E. schließlich mit dem Flieger aus Frankfurt an und mit dem Lotterleben ist es erstmal vorbei und ich muss segeln ;)